Totenbretter
An der Wand der Madltenne Pi 2 fallen einige Bretter ähnlicher Größe und Gestaltung auf. Sie sind ca. 150 cm lang, 30 cm breit, an den Enden abgekantet oder schmaler zulaufend. Zu lesen, manches besser, manches kaum mehr zu entziffern, sind Namen, Daten und Hinweise auf Herkunft oder Beruf. Dass mit den Brettern an Verstorbene erinnert werden soll, wird schnell klar. Doch warum an einer Hauswand, weit entfernt von einem Friedhof wie wir ihn als Ort der Erinnerung kennen?
Diese „Totenbrett“ oder im Pinzgau auch „Leichläden“ genannten Bretter stammen aus der Zeit, in der die Sargbestattung noch nicht gebräuchlich war. Der Tote wurde in seinem Haus, in dem er verstorben war, aufgebahrt – in weißes Leinen eingeschlagen, auf ein langes Brett gelegt, festgebunden und auf diesem auch zu seinem Grab getragen. Entweder wurde der Leichnam dann mit dem Brett vergraben oder über dieses in das Grab hinuntergelassen. "Brettlrutschen" nannte man diesen Vorgang. Kam das Brett, auf dem der Verstorbene gelegen hatte, nicht mit ins Grab, wurde es verbrannt, zu weiterem Gebrauch oder als Gedenkzeichen aufbewahrt. Dies geschah entweder am Hof des Toten, an einem zum Hof gehörenden Gebäude wie dem Stadel oder an einem Weg, den er oft gegangen war, den auch andere gehen und sich beim Vorbeigehen an ihn erinnern können.
Wem am Seelenfrieden des Toten gelegen war, der setzte das Brett ungeschützt der Witterung aus oder sorgte für eine schnelle Abnutzung durch die Verwendung als Steg oder Trittbrett. Denn im Volksglauben fanden die Seelen der Verstorbenen erst ihre Ruhe, wenn ihr Totenbrett möglichst morsch und verfault war.
Da wir als Museum die Aufgabe haben, die uns anvertrauten Objekte zu bewahren und zu dokumentieren, haben wir dem Verfall der Totenbretter aus dem 16. bis 19. Jahrhundert entgegengesteuert. An der Madltenne finden sich nun die Kopien der Originale, die im Depot aufbewahrt werden.